Eine Berliner Vedutenmalerei als selbständige Gattung gab es im friderizianischen Rokoko noch nicht. Abgesehen von Kupferstichfolgen tauchten Architekturbilder nur vereinzelt auf. So waren dekorative Landschafts- und Architekturstücke bei der Wandgestaltung von Innenräumen, beispielsweise als Supraporten, gebräuchlich. In dieser Weise malten in den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts Antoine Pesne und Georg Wenzeslaus von Knobeisdorff bemerkenswerte märkische Landschaften. Doch mit dem wachsenden bürgerlichen Selbstbewußtsein nach der Jahrhundertmitte wurde auch das Interesse für die Heimatstadt geweckt, das in der malerischen Wiedergabe Berlins mit seinen breiten Straßen und Plätzen Ausdruck fand. Die ersten „Berlin-Landschaften“ malte Jacob Philipp Hackert in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts. Hier im Berliner Raum, umgeben von märkischem Sand, wurde das ideale Landschaftsbild zur Vedute, die sich stets am Objekt orientierte, d.h. der Wirklichkeit verpflichtet blieb. Die heroische Landschaft oder die reine Naturschilderung entsprach nicht dem sachlich-nüchternen berlinischen Geist. Sein Naturgefühl ist städtisch orientiert, seine Landschaften sind eher Parkanlagen mit promenierenden Bürgern. Auch die sinnbildhaft-romantische Auffassung konnte in Berlin nie recht an Boden gewinnen. Nach den Befreiungskriegen gewann die spezifische Variante einer biedermeierlichen Berliner Vedutenmalerei ihre besondere Ausprägung und erreichte im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Durch die aufgeräumt wirkende und von bühnenhaft schrägem Licht beleuchtete Atmosphäre besitzen die überscharf gezeichneten Stadtansichten über den lokalen Aspekt hinaus für den heutigen Betrachter einen großen Reiz.